Nach beinah eineinhalb Jahren dauerhaft auf der ZAD ( Zone à défendre – zu verteidigende Zone ) bei Notre dame des Landes in Frankreich lebend, habe ich es endlich geschafft das zeitliche und geistige Vakuum zu durchbrechen, und den Artikel zu schreiben den ich ursprünglich im Sommer letzten Jahres schreiben wollte. Im Nachhinein find ich das gar nicht so schlimm, denn ich hätte sicher nicht viel mehr zu sagen gehabt als die Übersetzung der Historik. Ein relativ vollständiger Einblick,Überblick und Verständnis vom Kontext war nur über diesen langen Zeitraum möglich. Auch ging ich davon aus, dass andere deutschsprachige und schreibeifrigere Zadisten das übernehmen. Denen gings aber auch nicht anders: Um euch einen Einblick zu verschaffen ohne letztendlich mit einem Taschenbuch zu enden war eine echte Herausforderung.Letztendlich hat mich die zugespitzte Situation vor Ort dazu gezwungen, denn ich finde es wichtig Euch in die kommenden Wochen auf dem laufenden zu halten.Sicherlich werden es nicht viele schaffen zu kommen und vor Ort mit uns zu agieren, dennoch ist was hier passiert, selbst aus der Ferne, sehr interessant.
Wichtig war erst einmal den Text ( http://de.indymedia.org/2012/10/336145.shtml)auf deutsch zu übersetzen und habe mir dabei erlaubt einige zusätzlichen Details dazu zu schreiben.
Unter dem übersetzten Text, der sehr vom französischen Kontext ausgeht, findet ihr ein paar mehr Informationen zum Kampf hier in Notre dame des Landes. Dies kommt eher einer individuelle Sichtweise einer Einzelperson nahe, als den Anspruch journalister Unbefangenheit (räusper) zu haben. Dennoch habe ich versucht eine gewisse Objektivität zu bewahren, ist mir aber nicht wirklich gelungen.
Gemeinsam Freiräume verteiden, Kapitalismus überwinden, hier und überall !
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Mehrere Quellen lassen uns glauben, dass Räumungen unmittelbar bevorstehen. Wir bekamen Wind von
einer ersten Welle von Zwangsräumungen am Dienstag den 16. Oktober in der Morgendämmerung.
Wir erhielten relativ genaue Informationen darüber, wo sich Truppen aufhalten werden, die
geplanten Routen, es würden angeblich ca 500 Militaires eingesetzt.
Diese erste Welle soll die legal räumbaren Häuser betreffen und alle selbstgebauten Häuser, Gärten, Wohnmobile, alles was sich „auf dem Boden“ befindet. Dieser sollte zwischen 8 und 10 Tagen eine zweite Welle folgen die Baumhäuser, Camps in 3 Wäldern und drei Häuser betreffen soll. Diese 3 Häuser sind ab dem 27 Oktober räumbar. Der Termin wurde vom 15 November nach vorne verlegt. Im Moment steht in Frage ob die Räumung dieser drei Häuser nicht auch schon am Dienstag stattfindet, derselben Quelle zufolge werden gerade Gerichtsvollzieher gesucht, die am Montag eine weitere Vorverlegung der Räumung veranlassen sollen.
In den letzten paar Wochen wurden vermehrt „Gendarmes“ gesichtet, die die Höhe der Baumhäuser gemessen haben. Es wird patroulliert, kontrolliert, gemessen, beobachtet, fotografiert, einige der Bullen fahren Autos mit Pariser Kennzeichen, was den Informationen unserer Quelle entspricht. Letzten Dienstag (9. Oktober) wurde das letzte räumbare Haus in Grandchamps, eine Kommune ausserhalb der ZAD, mit beeindruckendem Polizeidispositiv geräumt.
Diese Woche wurden die Sicherheitsvorkehrungen in Nantes ( Rathaus, Gericht, Präfektür, Standorte von Vinci ) verstärkt bewacht. Während dies offiziell als Anti-Terror-Maßnahmen gerechtfertigt wurde,
vermutet die lokale Presse, dass dies ein Vorwand sei für potenzielle ZAD Räumungen.
Wir bleiben wachsam. Und bereiten uns vor.
Ein Anruf zu dezentralen Aktionen wurde veröffentlicht und fordet Gruppen und Einzelpersonen zu Soliaktionen auf. (siehe zad.nadir.org). Alle Initiativen sind willkommen !
Menschen, die uns vor Ort unterstützen wollen sind herzlich willkommen, werden aber eingeladen sich entsprechend zu organisieren: Wir werden alle sehr beschäftigt sein, plant ein so autonom wie möglich zu sein.
Wir sind gerade dabei logistische Vorbereitungen für die Räumung zu treffen, und laden Freunde und Nachbarn, die die Möglichkeit haben sich schnell zu uns zu bewegen, ein uns zu unterstützen.
Mehr Infos auf unserer Seite, leider hauptsächlich auf französisch, wenn ihr Interesse habt zu kommen und Informationen braucht oder Fragen habt, könnt ihr auch gerne auf deutsch an zad@riseup.net schreiben, jemand kann euch auf deutsch antworten.
( https://zad.nadir.org).
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Historik : Ohne wirklich tief in die Historik des Widerstandes einzugehen, denn dies würde den Rahmen bei weitem sprengen, scheint es dennoch sehr wichtig, vorallem für diejenige die noch nie oder nicht viel von Notre dame des Landes und dem Flughafenprojekt gehört oder gelesen haben, zumindest ganz wenige aber wichtige Informationen zu vermitteln :
Das Projekt ist seit 1972 in Planung, 21 600 ha Feucht und Agrarland, Land auf dem auch Menschen und eine Vielfalt von Tieren und Pflanzen die auf die Feuchtzone angewiesen sind, leben, soll in einen Flughafen umbetonniert werden. Zwischenzeitlich wurde es auf Eis gelegt und 2000 wieder ausgegraben. Seither wird mit allen Mitteln versucht das Projekt in der öffentlichen Meinung durchzudrücken, Land wird aufgekauft, Menschen aus ihren Häusern vertrieben, bis vor einiger Zeit durch « Erpressung » und Einschüchterung, heute geht es, nach jahrelangem Gerichtsstreit, um Enteignung und Räumung.
8 Land und Gutsbesitzer weigern sich ihr Land zu verkaufen, auch als Strategie das Projekt aufzuhalten. Einige Mieter in der Zone weigern sich ihre Häuser zu verlassen und alle sind seit einiger Zeit enormen Druck von Seiten Vincis ausgesetzt, vor Gericht gezerrt und vor die Tatsache gestellt dass, vor Ort, der Grossteil der Bevölkerung unsolidarisch und hoffnungslos dem Projekt ins Auge blickt.
Der Widerstand ist Vielfältig, zum Grossteil aber besteht er aus bürgerlichen Vereinen und Organisation, Politiker diverser links und grün Parteien, Landwirtschaftsgewerkschaften. Seit 2009 auch aus Menschen aus dem linksautonomen Spektrum, die sich durch Land und Häuserbestzungen dem Mega-Projekt entgegenstellen.
Die Situation aktuell – politisch: Ayrault, ehemaliger Bürgermeister von Nantes und DIE politische Person die diesen Flughafen um jeden Preis durchsetzen will, ist seit den Wahlen diesen Jahres « Premier Minister ». Dies gibt ihm sehr viel mehr Macht und Möglichkeiten zu agieren, eigenwillig Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen. Nach unserer Quelle, und nicht zu unserer Überraschung, kommt die Anordnung zur radikalen Räumung, um nicht zu sagen « Säuberung » der Zad von Ayrault selbst. Vermutet wird dass er dies veranlasst hat um öffentliche Meinung zu produzieren die wahrnehmen soll, dass das hochdiskutierte Projekt voran geht, auch wenn die Bagger nicht für tatsächliche Bauarbeiten eingesetzt werden, sondern nur um Häuser und Gärten der Gegner nach brutaler Räumung zu zerstören. Das Projekt ist nicht aufzuhalten soll vermittelt werden, auch wenn es nach öffentlichen Umfragen, immer weniger Sinn macht. Der Machtwechsel hat, nicht nur was Notre dame des Landes angeht, nichts an Sarkofrankreich geändert; viele haben den Eindruck, dass sich die Situation global in Frankreich eher verschlimmert, wie z.b. die Repression gegen « Rroms » oder Migranten wie zum Beispiel in Calais – Räumungen sind an der Tagesordnung,
Die wirtschaftliche und ökologische Situation stellt den Flughafen mehr und mehr in Frage, Nantes hat schon einen Flughafen in Zentrumsnähe, die Begründung in NDDL ( Notre dame des Landes ) eine Piste für Transportflugzeuge (Airbus) zu konstruieren, wurde schon vor Jahren ausgehebelt. Da Notre dame des Landes eine solche nicht bereitstellen werden kann, wird der aktuelle Flughafen von Nantes, der nach Fertigstellung von NDDL geschlossen werden sollte, nicht geschlossen, sondern weiterhin die Piste für Airbus bereitstellen. müssen, weil Airbus androht seinen Sitz in Nantes zu schliessen, sollte keine Transportmöglichkeit für dir riesigen Bauteile der Airbusse bereitstehen.
Die Begründung neue und wichtige Linien nach Osten, wie zB Düsseldorf, zur Verfügung zu stellen, wird am Mittwoch, dem 17ten Oktober von der Flughafengesellschaft Orly ( bei Paris ) gesprengt werden, die angekündigte Pressekonferenz verspricht ein Projekt zu veröffentlichen, die dieselben Linien abdeckt wie NDDL. Praktischer, günstiger, zentraler und umweltfreundlicher durch Anknüpfung an schon existierende TGV ( Schnellzug ) Linien, die für NDDL erst gebaut werden müssten.
Umweltschutz und Wandel ( Offizielle Wahlmottos von F. Hollande « der Wandel ist jetzt ») wurden von der Agenda genommen und spielen im Moment nur eine geringe Rolle. Wachstum und Arbeitsplatzschaffung ist angesagt, was als einzigste Krisenlösung in Frage zu kommen scheint. Die wenigen pseudo-ökologischen politischen Randfiguren haben sich kürzlich an die PS ( regierende Parti socialist ) verkauft, Zitat der Ministerin für Ökologie von den « Le Verts » ( entspr. Die Grünen ) : « Für den Atomausstieg und für alternative Energieherstellung ist es notwendig noch kilometerlange Hochleitungslinien zu bauen ! » ( siehe Kampf gegen Hochleitungsmasten http://www.stop-tht.org/ ), Notre dame des Landes wurde für einige Sitze im Parlament verkauft. Öffentlichkeit und die Meinung dieser scheint in keinster Weise ein Obstakel zu sein. Viel wichtiger sind die Börsenkurse von Vinci und die Denkmale die sich Megalomanen selber setzen wollen.
Aktuelle Situation, hier vor Ort in Notre dame des Landes :
Seit ca 5 Jahren und massiv 2009 nach dem Klima Camp das hier auf der ZAD stattfand, haben sich Menschen aus der antikapitalistischen Bewegung, nach einem Aufruf kämpfender Bauern und Bewohner die Zone zu besetzen, häuslich eingerichtet. Heute sind über 10 Häuser besetzt, auf strategisch wichtigen Punkten wurden hauptsächlich aus Paletten und in Deponien gefundenen Materialien Häuser gebaut. Viele leben in Wohnwagen oder anderem mobilen Lebensraum, in Zelten und Tippies oder Baumhäusern. Insgesamt sind über 30 verschiedene « Siedlungen » und Kollektive vor Ort, die versuchen eine neue Welt zu leben und Teile der Alten zu demolieren.
Meist ohne Elektrizität oder Wasseranschluss wird, was andere prekär nennen, zu einem selbstbestimmten Lebensstil. Mehrere kollektive Gärten werden bearbeitet und schaffen es, über einen grossen Teil des Jahres, um die 150 Menschen zu ernähren, es wird Brot gebacken und Ziegenkäse hergestellt, zusammen gedacht, gelacht, geweint, getanzt, experimentiet, Kunst gemacht und leider viel zu wenig Kontakt nach Aussen gehalten. Diese kleine Gesellschaft, mitten im Herzen des Kampfes gegen ein kapitalistisches Megaprojekt, lebt eine andere Dimension als die « Welt da draussen » und hat den Anspruch anders leben zu wollen, zu experimentieren, auszutauschen, und sich vorzustellen wie Leben ohne Kapitalismus sein kann.
Im nahen Umfeld, der Bevölkerung um Notre dame des Landes, um präziser zu sagen « La ZAD » ( Acker und Viehland zwischen mehrere Komunen ), ist die Kluft zwischen den beiden Welten stark zu fühlen.
Der antikapitalistische, antisexistische und antirassistischer Ansatz, die Einstellung zu Lohnarbeit und Norm findet sehr wenig Verständnis. Dies geht soweit, dass der Bürgermeister von NDDL und offizieller Vorsitzender einer der multiplen Vereine GEGEN das Projekt, vor einigen Monaten mit einem Schreiben an den Präfekten um die Räumung der « Squatter » bat. Gewaltdiskussion ohne Diskussion, denn auch nach jahrelangen Gesprächen mit den anderen Opposanten aus dem bürgerliche Spektrum, wurde nur sehr wenig produktiv und ehrlich diskutiert. Verräterische Pressemitteilungen nach Polizeirepression führten mehr zur Spaltung des Widerstandes als zu einem emanzipierten und gemeinschaftlichen Kampf. Nur wenige Menschen, unter anderem und hauptsächlich diejenigen die aktiv durch ihre Verweigerung zu verkaufen oder umzuziehen widerstand leisten, stehen auch heute noch zu dem Aufruf von 2007 zu kommen um die Zone zu besetzen. Diejenigen die sich heute, wie wir, in der Illegalität befinden und über die letzten Jahre vieles mit den Besatzern, die doch so anders sind, geteilt, ausgetauscht und gelebt haben. Denn sie wissen dass, am Tage X, nur die « chaotischen Squatter » da sein werden um diese Situation solidarisch mit ihnen zu leben und nicht ihr gewohntes soziales Umfeld die ihre Entschlossenheit nicht verstehen und zur « Vernunft » und Aufgabe raten.
Auf politischer Ebene stossen Antikapitalisten die dieses Projekt als ein Symptom der Krankheit « Kapitalismus » wahrnehmen und das Ziel haben diesen und die alte Welt zu brechen, mit lokalen, bürgerlichen Organisationen, zusammen, die aus verschiedenen Gründen den Flughafen bekämpfen. Sei es um Eigentum/ihr Land und Gut zu verteidigen, oder tatsächlich aufrichtigerweise denken dass das Projekt ein ökologisches Desaster ist. Ohne wirklich weiter an den Wurzeln der Ursache zu kratzen und zu realisieren, dass, ob schneller oder langsamer, das kapitalistische System auf allen Ebenen unsere Welt kaputtkonsumieren wird. Reformen und Verbesserungen, ja, radikaler Umbruch und Veränderung, nein. Diese fundamentalen Unterschiede scheinen oberflächlich wenig relevant, aber tatsächlich scheint es so, dass diese unterschiedlichen Ansätze und Ansprüche Motoren für eine unterschiedliche Motivation und Entschlossenheit sind. Den Gedanken dieser Demokratie, dem Rechtssystem und der vorherrschende Moral zu trotzen ist unvorstellbar, unangenehm und wird daher von vornherein in den hierarchisch organiserten Strukturen nicht debatiert. Auch dieses scheinbar kleine Faktum der Funktionalität unsere Welten, Horizontalität gegen Hierarchie, führte häufig zu Konflikten, Unverständnis, Entäuschung und einer generell schwierigen Vertrauensbasis.
Was uns jedoch, wie zuvor schon erwähnt, am häufigsten voneinander trennt, ist die unfruchtbare oder nicht wirklich existierende Gewaltdebatte. Die Grenzen und Definition verschiedener Termen wie « Gewalt », wird von den lokalen Organisationen determiniert, auch hier eine klare Vorstellung hierarchischen Denkens : wir waren vor euch da, wir sind älter, wir sprechen mit der Presse…
Schon erstaunlich, dass eine simple menschliche Sitzblockade um den Richter am enteignen von Land zu hindern, als Gewalt bewertet wird. Der Versuch den Term Gewalt zusammen neu zu definieren war bisher ebenso unfruchtbar, ebenso die simple Forderung zumindest in der Presse auf Desolidarisierung zu verzichten, wenn auch nur um eine Spaltung des Widerstandes in der Öffentlichkeit zu verhindern. Den Anspruch sich durchaus verteidigen zu wollen wenn die Polzei angreift, wird als aktive Gewalt bewertet und verurteilt. Ein kleiner Erfolg der letzten Jahre war zumindest ein gewisses Verständnis zu erarbeiten, dass wir auf Grund von Datenbankerfassung und der Tatsache dass Schädigung von Objekten wie taggen oder bekleben von Wänden mit unseren Gedanken, strafbar ist und einige deshalb vermummt agieren. Ohne dabei zu erreichen dass Objektbeschädigung und Sabotage welcher Art auch immer, Toleranz oder gar Unterstützung findet.
Kollektiv haben wir diesem Verhalten keine Antwort oder Strategie entgegenzusetzen, viele wollen oder haben mit den lokalen Orgas gebrochen und haben jegliche Bemühungen der Zusammenarbeit eingestellt, andere gehen davon aus, dass in einem lokalen Kampf eine gewisse Anpassung an die vor Ort vorherrschenden Bedingungen notwendig ist. Und dies ist nur ein Detail wo die Kollektivität der ZAD sich als das herausstellt was sie Tatsächlich ist : über 30 verschiedenen Wohnkollektive mit verschiedenen Ansätzen, Vorstellungen, Erwartungen und ein klarer Mangel an Bereitschaft Strukturen zu entwickeln, die eine Kommunikation, schlicht unter uns, einfacher und effizienter machen könnten. Kollektive Diskussionen werden auch durch die Tatsache erschwert, dass an Diskussionstreffen selten dieselben Menschen teilnehmen und dadurch über einen längeren Zeitraum an einem Problem zielbewusst diskutieren. Viele interessante Diskussionen verlaufen relativ schnell im Sande. Um wieder und wieder aufzukommen, um wieder und wieder im Sande zu verlaufen. Die « Fallen » der Horizontalität ohne Strukturen, wie die Tendenz der unbewussten oder bewussten Machtergreifung dominanter Individuen und das Zurückziehen von weniger dominanten Personen, Autoritätsanspruch aufgrund Alter, Erfahrung, Geschlecht etc sind ebenso häufig zu beobachten wie ein Reproduzieren von konditionierten Verhaltensmustern der Welt « da draussen », mit einer gewissen Überheblichkeit doch so anders, besser, zu sein. Viele beobachten dieses « Phenomen » ohne wirklich in der Lage zu sein dies zu verändern oder auch selbst in stereotypisches Verhalten zurück zu fallen. Das Bewusstwerden dass diese neue Welt die wir wollen, ohne Autorität und selbstbestimmt, noch eine Wegstrecke von uns entfernt liegt, kann den Alltag auf einer besetzten Zone schwierig machen.
Seit einigen Jahren nun leben viele in ständiger Erwartung geräumt zu werden, bisher ist diese Tatsache nicht eingetroffen, zumindest nicht auf der ZAD selbst die ersten Räumungen waren erst kürzlich in der Nachbarkommune. Die kontinuirliche Produktion von Stressituation hat bei vielen zu einer Art Lethargie geführt, vielleicht um diese Krisenmomente emotional leichter zu leben. Dies hat aber auch dazu geführt dass, obwohl immer klarer wurde dass der Zeitpunkt näher rückt, keine Dynamik gefunden wurde eine kollektive Strategie zu entwickeln wie wir im Falle einer Räumung (re)agieren, uns vorbereiten auf ellen Ebenen.
Kollektiv entschlossen wurde, dass aufgerufen wird 4 Wochen nach Räumung an einer massiven Wiederbesetzungsaktion zteilzunehmen. Dass wir wiederkommen und weiterkämpfen.
Die Bedrohung am Dienstag geräumt zu werden, hat eine neue Phase des Kampfes eröffnet !
Ob Fehlalarm, was relativ unwarscheinlich ist, oder ob Ayrault einen Rückzieher macht, weil der Überraschungseffekt entfällt und wir uns vorbereiten können und mehr und mehr Menschen von überall her hier ankommen um zu verteiden, oder ob tatsächlich geräumt wird, spielt im Moment hier weniger eine Rolle.
Es wird natürlich auch darüber nachgedacht ob die verfrühte Information über die Räumung Manipulation sein könnte. Die Logik dahinter könnte sein, dass gewollt wird dass genug Zeit bleibt vorzubereiten und die Situation zu kreiren, dass viel aktiver als bei einer Überraschungsräumung, Widerstand geleistet wird. Dies könnte dann wiederum in der bürgerlichen Presse gegen uns verwendet werden, indem von dem aktuellen Angstklima durch Festnahmen von islamischen Terroristen profitiert wird. Erste Amalgame wurden in der Presse schon entdeckt. Es läuten die Glocken in Tarnac wenn die Worte « Terroristische Gefahr » und « linksradikale Chaoten » in einem Artikel fallen. Der Vorteil für Ayrault wäre selbstverständlich eine Reinwaschung der blutverschmierten Hände nach gewaltvoller Räumung mit radikalem Widerstand. Nebenbei würden die politischen Figuren der Tarnac Affaire rehabilitiert werden : Ultraextremeviolentegauche exisitiert doch !
Dies sind wichtige und interessante Gedanken, die aber nicht wirklich weiter führen als das zu tun was wir so oder so tun werden : proaktive Antirepression um im Vorfeld massiv auf dieses Amalgam und Öffentlichkeitsmanipulation aufmerksam zu machen , und die kommende Woche sehr sensibel mit Provokation seitens der Staatsschärgen umzugehen.
Die letzten Tage waren sehr intensiv und anstrengend, aber in einer sehr produktiven und positiven Art und Weise. Der Eindruck entsteht, selten so eine kollektive Dynamik auf der ZAD erlebt zu haben wie bisher.
Wir sind vorbereitet, warten mit einer Mischung aus aufregender Ungeduld und Spannung auf Dienstag früh und bereiten uns moralisch auf eine schwierige Woche vor, in der wir höchstwarscheinlich den Repressionsapparat in voller Macht zu spüren bekommen. Es wurde angekündigt dass diverse Einheiten der Schlag und Gaskräfte Lust auf Vergeltung haben. Dennoch wird gelacht, gewitzelt, aufeinander aufgepasst, obwohl die letzten Tage viel zu kurz waren und bis Dienstag noch jede Menge Anstrengungen anfallen, ist die Stimmung positiv und kampfbereit.
Gestern Abend, 13 Oktober, wurde in einer gemeinschaftlichen Aktion mit Anwohnern und Individuen verschiedener bürgerlichen Organisationen und solidarischen Menschen aus der Umgebung, als politische Antwort auf die Räumungsnachricht, ein Haus besetzt. Dieses Haus wurde vor weniger Zeit von seinen Mietern aufgrund Druck von Vinci verlassen, verriegelt und 24/24, 7/7 von einer Sicherheitsfirma überwacht.
Die Aktion verlief wie geplant, bei Eröffnung wurde ein sehr bewegender Text gelesen, der auf englisch hier nachzulesen ist : https://zad.nadir.org/spip.php?article346 .
Samba, Theater, ein Ball bis in die Morgenstunden und ganz vielen Menschen mit strahlenden Augen : Wir sind noch da und wir bleiben ! Lest hier : https://zad.nadir.org/spip.php?article345 ( englisch )
Bis heute, 14 Oktober, 15 Uhr keine Intervention seitens der Militaires ( Anm. : In der Stadt werden CRS die der Police Nationale angehören eingesetzt, auf dem Land Gendarmes mobiles die dem Militär untergeordnet sind ). Der Sicherheitsmann der das Haus bewachte, wurde nach Hause geschickt, hatte aber seine Hausschlüssel verbammelt und kam dann einfach wieder zurück um mit uns zu feiern. Mit grosser Warscheinlichkeit werden wir dieses Haus mit den Räumungen nächster Woche verlieren. Aber wir wissen denen weitere Nerven und Ansträngungen zu kosten während ihrer logistischen und strategischen Vorbereitung dieses komplizierten Grosseinsatzes. Heute ist hier einiges geplant, hauptsächlich Diskussionen und weitere kollektive Vorbereitung für nächste Woche. Die ersten Unterstützenden sind angekommen, wir hoffen auf mehr in den nächsten Tagen, eine Gruppe von Menschen war fleissig und hat das Nötigste auf die Beine gestellt um Essen, Schlafplatz, Klamotten usw zur Verfügung zu stellen. Dennoch sollte klar sein : wer kommt sollte sich darauf einstellen dass es sehr chaotisch, und eher gewaltvoll sein wird, es regnet nur einmal am Tag, aber dafür von früh bis spät und in der Nacht, ist es kalt und feucht. Die Bedingungen sind also durchaus schwierig und erfordern von Mensch eine gewisse Autonomie. Denkt also an folgendes : wenn möglich Zelt, Schlafsack, wasserdichtes Schuhwerk, Taschenlampe oder noch besser Kopflampe, wer kann wasserdichte Kleidung. Bringt nicht zuviel, Gepäck könnte zum handycap werden. Die letzten Tage wurde oft die Frage gestellt was hier gebraucht wird, die Antwort ist kurz : Euch, kampfbereit, entschlossen und hoffnungsvoll ! gemeinsam, geschlossen gegen Repression und Kapitalismus !
Ja OK, Schokolade, vegane mit Vorliebe, wär schon prima….
Wer nicht kommen kann aber gerne aktiv sein will, ist eingeladen sich vor Ort zu organisieren, Soliaktionen jeder Art sind willkommen und werden, von der Automediagruppe hinter den Computern, an unsere Freunde die sich draussen den Polizeikräften entgegenstellen werden um unsere Freiraume zu verteidigen, weitergeleitet. Legal und medical Teams sind vorbereitet, Anwälte informiert die Dienstag direkt vor Ort kommen werden.